Der neue Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland hat die letzte Hürde genommen und wird wie erwartet am 1. Juli in Kraft treten. Der Vertrag wurde am Mittwoch, den 21. April 2021 vom Landtag von Sachsen-Anhalt ratifiziert und wird voraussichtlich bis Ende des Monats auch im letzten verbleibenden Bundesland Nordrhein-Westfalen, die Zustimmung erhalten. Mit der erfolgreichen Ratifizierung wird die jahrelange regulatorische Unsicherheit auf dem deutschen Online-Glücksspielmarkt beendet, indem Online-Sportwetten, virtuelle Automatenspiele und Online-Poker zugelassen und reguliert werden. Das Spielangebot wird in zertifizierten Online-Spielhallen angeboten, die sich nicht mehr als Online-Casinos bezeichnen dürfen, da dieses obszöne Wort den landesgesetzgebenden Behörden vorbehalten ist. Diese sind mit der Aufgabe betraut, dem Tischspielangebot eine Lizenz nach ihrem Belieben zu geben. Wie das konkret aussehen soll, dazu hat sich noch kein Offizieller verbindlich geäußert.
Deutscher Staatsvertrag im neuen Zeitalter
Damit beginnt in Deutschland der Aufbruch in eine neue Ära der Glücksspielregulierung. Die Länder regulieren nach den Sportwetten nunmehr folgerichtig weitere Online-Glücksspiele, um die Entwicklung auf dem Markt nachhaltig steuern und kontrollieren zu können. Deutschlands neuer Staatsvertrag bringt die jahrelange Pfuscherei, unter der Spielerschutz und nicht zuletzt auch der Fiskus zu leiden hatte, endlich in reguläre Bahnen. Die Arbeit ist längst nicht vollendet, wie am größten deutschen Flughafen gibt es immer noch zahlreiche Baustellen, deren Vollendung noch nicht absehbar ist. Für eine moderne Regulierung ist der neue deutsche Staatsvertrag zur Regulierung des Glücksspielwesens ein bedeutender Teilerfolg, gleichzeitig gibt es aber auch noch reichlich Optimierungsbedarf.
Insbesondere die Einrichtung staatlicher Datenbanken zur Totalüberwachung eines jeden Kunden erscheint unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten höchst bedenklich. Anbieterübergreifend finanzielle Informationen preiszugeben und dem deutschen Spieler seiner Freiheit zu berauben, den Betreiber ohne Zwangspause wechseln zu können, ist schon ein Stück weit diktatorisch zu bewerten. Im gleichen Atemzug drohen Firmen horrende Bußgelder, wenn der Eingangsbereich videoüberwacht wird, da dies gegen die Datenschutzrichtlinien spricht. Der gläserne Bürger, wie es so oft dem chinesischen Regime vorgeworfen wird, das scheint auch in Deutschland beim Online-Glücksspiel kein Problem darzustellen.
Was der Deutsche Industrieverband der Sportwettenanbieter zusätzlich bemängelt, ist die scheinbare Willkür bei Einschränkungen, wo keine Verhältnismäßigkeit zu erkennen ist. So ist die Tatsache geradezu skurril, dass mit der Regulierung speziell die besonders gefragten Live Wettangebote beim Fußball sowie auch Eishockey zugelassen sind mit nur wenigen Einschränkungen bei den Wettarten. Bei anderen Sportarten wie Tennis oder auch Handball sollen diese Live-Wetten jedoch verboten werden, dass dem Wettkunden hier das Verständnis fehlt, steht völlig außer Frage.
Ohne Nachbesserung könnte die Marktkanalisierung fehlschlagen
Verbote vorbei an den Kunden und deren Erwartungen an einen regulierten, attraktiven Markt zu erlassen, das kann sich auch negativ auf die gesteckten Ziele der Landesregierungen auswirken. Branchenweit hoffen die Vertreter der Glücksspielindustrie, dass innerhalb der neufirmierten Aufsichtsbehörde die Politik neugestaltet wird. Mit Fachleuten an der Spitze, die den Glücksspielmarkt verstehen und erkennen, dass ein deutscher Staatsvertrag nur funktionieren kann, wenn alle Angebote zum Wohl des Kunden transparent reguliert zugänglich sind. Die Glücksspielpolitik darf nicht einerseits virtuelle Automatenspiele landesweit erlauben und damit einhergehend Sportwetten sowie auch Poker online regulieren und das Live Casino mit Tischspielen auf die lange Bank schieben.
Diese Spielangebote mit Live Dealer haben sich im Zuge der Corona-Pandemie zum am schnellsten wachsenden Produkt der Gaming-Industrie entwickelt, diese von der Regulierung auszusperren ist nicht hinnehmbar. Hierbei hat die Politik beim Thema Glücksspiel bisher versagt, wobei immer noch Zeit zum Debattieren ist, um den Glücksspielstaatsvertrag bis zu seiner rechtsverbindlichen Einführung entsprechend anzupassen. Am Ende wird das auch den Betreibern helfen, die Kanalisierung voranzutreiben. Auf die Unternehmen kommen schließlich auch recht hohe Steuern zu, die letztlich auf die Kunden umgelegt werden müssen, bei eingeschränkten Angeboten ist es dadurch umso schwerer, gegen die attraktiveren Anbieter von außen zu bestehen.
Deutscher Staatsvertrag und die Gier nach Steuern
Dass Deutschland kein Steuerparadies ist, das war schon vor der Gerd-Show und dem Steuersong bekannt. Doch könnte sich die Besteuerung von Einsätzen beim Glücksspiel tatsächlich negativ auf den Staatsvertrag auswirken? Die Meinungen gehen hierbei auseinander, schauen wir allerdings auf die bereits regulierten Märkte in Europa, dann fällt auf, keine Regierung hat diesen Schritt vollzogen. Die Glücksspielsteuer wird überall auf den Bruttospielertrag angewendet, was bedeutet, der Casino Anbieter zahlt auf seine Einnahmen Steuern. Was ja eigentlich auch logisch erscheint. Die deutsche Politik sieht es aber anders, hier soll wie beim Einkaufen und im Lottoladen direkt vom Einsatz in Höhe eines Prozentsatzes von 5,3 Prozent die Staatskasse gefüllt werden.
Das soll so beim Poker umgesetzt werden und ist auch für die Live Casino Spiele denkbar, die sicher auf absehbare Zeit noch in den glücksspielpolitischen Debatten der Landesparlamente zur Sprache kommen. Die Glücksspielsteuer und deren Auswirkungen zu beurteilen, das obliegt Experten, fakt ist aber, dass bei einer Herabsenkung der Gewinnchancen das Spielen kostspieliger wird und das könnte den Schwarzmarkt, der ja eigentlich ausgeschaltet werden soll, beflügeln. Die Steuerpolitik könnte zum Zünglein an der Waage werden, wenn es um die Kanalisierung des Glücksspielmarktes geht. Rechnen wir hierbei die niedrigen Margen beim Roulette, Blackjack oder Baccarat hinzu, dann müssten die Spiele grundlegend verändert werden, da der Hausvorteil bei einigen Kartenspielen zum Beispiel bereits bei unter 1 Prozent liegt.
Auf der europäischen Bühne ist das deutsche Vorhaben mit der Einführung des Staatsvertrags und der Besteuerung vom Spieleinsatz ein Pilotprojekt. Vielleicht klappt es ja auch und andere Länder ziehen nach. Damit würde nicht mehr der Umsatzerlös des Glücksspielanbieters besteuert werden, sondern nur noch der Kunde, was natürlich bei den Interessenvertretern nicht gut ankommt, schließlich will die Industrie möglichst attraktiv wirken. Mit einer regulären Steuerabgabe bei jeder Spielrunde wäre das wohl kaum mehr machbar.
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