Deutschland

Mit der Steuerherausforderung in Deutschland beschäftigt sich die EU – die Politik wird nicht von der geplanten Steuer für Online-Glücksspiel abrücken! (Bild von viarami auf Pixabay)

In den letzten Wochen haben sich in Deutschland die Steuerpläne für das Glücksspiel zunehmend konkretisiert und Interessenvertreter intervenierten immer stärker. In diesem Kontext hat die EGBA sowie DSWV als europäischer sowie deutscher Dachverband bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. Das Anliegen beruht darauf, die Beihilfe für den terrestrischen Markt herauszustellen, der im Gegensatz zum virtuellen Automatenspiel und Online Poker keine Spieleinsatzsteuer als getarnte Umsatzsteuer in Höhe von 5,3 Prozent leisten muss. Allerdings ist jetzt bereits abzusehen, dass eine Intervention auf EU-Ebene wenig bis gar keinen Einfluss auf Deutschlands nicht nachvollziehbares Vorgehen bei der Verabschiedung neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen für Glücksspiele haben wird.

In Deutschland gibt es nichts ohne Steuer

Aus der Erfahrung heraus lässt sich sagen, dass Deutsche im Allgemeinen gern über die zu hohen Steuern im Land wettern, am Ende jedoch bei der Stimmabgabe an der Wahlurne stets bei dem Fiskus nahen Parteien ihr Häckchen setzen. Hierzu gibt es eine aktuelle OECD Studie, die Deutschland den Titel als Weltmeister bei den Steuereinnahmen zuspricht. Was hat das mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag auf sich? Ganz einfach, die Landesparlamente haben gut ein Jahrzehnt debattiert, um einen Glücksspielrahmen auf die Reise zu bringen, und das geht nur mit erheblichen Zugeständnissen, die sicher auch aus den Reihen der Industrie kommen mussten. Fakt ist, legales Online-Glücksspiel gibt es nur mit Steuer, ob eine Spieleinsatzsteuer sinnvoll ist, das bezweifeln jedoch die meisten Vertreter der Gaming-Branche.

Die European Gaming and Betting Association (EGBA) hat hierzu zusammen mit dem deutschen Branchenverband DSWV eine Beihilfebeschwerde gegen die von Deutschland geplante 5,3 Prozent Umsatzsteuer auf Glücksspiele eingereicht. Daraufhin hat die Europäische Kommission Deutschland aufgefordert seine Steuerpolitik in Bezug auf Online-Glücksspiele zu begründen. Deutschland erwartet, durch die vorgeschlagene Steuer, Einnahmen von bis zu 365 Millionen Euro an Steuern zu generieren. Der Trugschluss an dieser Zahl ist, dass im Jahr 2019 laut Statista im nicht regulierten Rahmen Umsätze in Online-Casino von etwas mehr als eine halbe Milliarde Euro durch deutsche Spieler generiert wurden. Das bedeutet, dass die angeblich zu erzielenden 365 Millionen Euro einen nicht nachvollziehbaren Steueranteil von gut drei Viertel der zu erwartenden Spieleinsätze ausmachen würden.

Die Automatenwirtschaft hat im Jahr 2019 Einnahmen im Bereich der Automatenaufsteller von ungefähr 5 Milliarden Euro erzielt als der stärkste bundesweite Glücksspielmarkt. Selbst ausgehend von diesen Umsatzzahlen wäre die geschätzte Spieleinsatzsteuer fern jedweder Erwartungen einzuordnen.

Die Steuerfrage kommt stets zuerst

Erfahrungsgemäß ist Deutschland über seine mangelnde Erklärungskompetenz über Jahre hinweg daran gescheitert, eine zeitgemäße Regulierung des Online-Glücksspiels auf die Beine zu stellen. Die neue Steuerherausforderung könnte theoretisch EU-rechtlich angreifbar sein, da die offensichtliche Beihilfe bezüglich der terrestrischen Spielbetriebe eindeutig ist. Ob sich der EU-Pionier jedoch von außen reinreden lässt, das steht auf einem anderen Papier. Zwar wird gern aus dem Zentrum Europas die Einigkeit hervorgehoben, doch wenn es um den eigenen Fiskus geht, da kennt kaum ein Landesparlament die zutreffenden Punkte der EU-Gesetzgebung.

In jedem Fall ist die von Deutschland angedachte Spieleinsatzsteuer von 5,3 Prozent für traditionelle Online-Glücksspiele praktisch nicht durchsetzbar. Das gilt sowohl für das klassische Automatenspiel als auch für Tischspiele. Zwar hängen Roulette, Baccarat und Blackjack ohnehin online noch in der Warteschleife, dennoch bewegt sich die durchschnittliche Ausschüttungsrate aller Spiele bei über 96 Prozent, was bedeutet, dass der effektive Steuersatz Betreibern mit einer unmöglich umsetzbaren 150-prozentigen Abgabe in die Unwirtschaftlichkeit drängen würde.

Prinzipiell ist es jedoch möglich, eine Änderung der Auszahlungsquoten für die meisten Glücksspiele vorzunehmen, die per Zufallsgenerator elektronisch gesteuert werden. Das wird ziemlich sicher eine beträchtliche Anzahl von lizenzierten Betreibern auch so umsetzen. Im Übrigen sind das größtenteils Glücksspielanbieter, die im Rahmen der EGBA und DSWV EU-Beihilfebeschwerde mit beteiligt sind. Schlussendlich werden die Grenzen dieser Flexibilität RTPs weniger kundenfreundlich und mehr steuerfreundlich zu gestalten, durch die Freude der Kunden, den inländischen Wettbewerb und die Verlockung des unbeschränkten Schwarzmarktes gesetzt: Eine Auszahlungsquote jenseits der 93-Prozent-Marke wird kontraproduktiv wirken und zu einer vermehrten Abwanderung zu Anbietern ohne deutsche Lizenz führen, wo der Fiskus keinen Cent verdient.

Umsatzprognose für deutschen Gaming-Markt

Die Branche erlebt bereits ohne Umsatzsteuer auf Spieleinsätze eine zunehmende Dominanz auf dem Schwarzmarkt. Allein die seit 15. Oktober 2020 erlassenden Einzahlungslimits, Einsatzlimits und der Wegfall von Live Casinos sowie Tischspielen auf virtueller Ebene hat dem attraktiveren Angebot außerhalb des deutschen Regelwerks einen deutlichen Schub verliehen. Zudem ist Online-Glücksspiel kein Konsumgut für die breite Masse und die Kunden haben ein intuitives Gespür für den Wert der Angebote. Unter der Maßgabe der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden überdimensionalen Wachstum ist im Jahr 2021 sowie 2022 mit einem Umsatzerlös im Bereich Online-Casinos zwischen 900 Millionen Euro und 1 Milliarde Euro zu rechnen. In diesen Zahlen sind jedoch auch geschätzte Einsätze an Casinotischen in Live Casinos von Evolution, Pragmatic Play und Co mit einkalkuliert. Unter dieser Maßgabe ist davon auszugehen, dass mit weiteren weniger spielfreundlichen Regelungen und Einschränkungen etwa eine halbe Milliarde Euro in den Schwarzmarkt fließen wird.

Der verbleibende Anteil von 450-500 Millionen Euro der Umsatzerlöse aus dem Online-Glücksspiel in Deutschland wird sich aus weniger preissensiblen Kunden zusammensetzen. Diese setzten auf bewährte Marken, die legal Werbung betreiben und weitgehend im stationären Bereich präsent sind und somit ausschließlich bei Online Casinos mit deutscher Lizenz verfügbar. Stellen wir am Ende die Zahlen aus dem terrestrischen Markt mit dem Online-Bereich gegenüber, dann würde eine Spieleinsatzsteuer das Niveau beim Auszahlungsverhältnis in gewisser Weise ausgleichen. Am Spielautomaten sind zum Beispiel Auszahlungsquoten von 85 Prozent in Spielbanken keine Seltenheit, jedoch ist eine Spieleinsatzsteuer eine Steuerherausforderung, denn diese gibt es in deutschen Spielstätten nicht.

Ohne Glücksspielsteuer geht es in Deutschland nicht

Ungeachtet der negativen Folgen von einer Spieleinsatzsteuer wie einer Abwanderung von Spielern zu nicht regulierten Anbietern muss die Politik auch der starken Lobby im Land entgegenkommen. Im Aufstellbereich der Automatenindustrie ist allein durch Corona ein Milliardenloch entstanden und natürlich will die Industrie nicht noch mehr verlieren. Durch die Online-Öffnung hat der Spielhallensektor in Deutschland noch mehr zu leiden. Dieser ist seit 2012 unter Beschuss und sieht erneut gravierenden Änderungen entgegen, wenn die regulatorischen Abstandsvorgaben greifen und Massenschließungen zu einer unaufhaltsamen Entlassungswelle führen.

Die Besteuerung von Online-Glücksspiel ist allein aufgrund der herausfordernden Situation auf dem terrestrischen Markt kaum mehr aufzuhalten. Schlussendlich führt die Spielbankenabgabe dazu, dass abhängig vom Bundesland bis zu 80 Prozent der Bruttospielerträge an das Finanzamt abzuführen sind. Die entspricht der Differenz aus Spieleinsätzen und ausgezahlten Gewinnen. Warum sich die Regierung gegen dieses Modell beim Online-Glücksspiel entschieden hat, ist derzeit nicht bekannt. Fakt ist aber, dass eine Spieleinsatzsteuer nicht unbedingt als Nachteil zu bewerten ist, wenn die beiden Spielangebote online und offline steuerlich bewertet werden. Letztlich müssen die Casino online Anbieter den regulären Anteil der Körperschaftsteuer von aktuell 15 Prozent abführen und wenn ein Gewinn erzielt wird auf diesen 25 Prozent Abgeltungssteuer bezahlen.

Es sollte am Ende also halbwegs ausgeglichen sein, was die steuerliche Berechnung betrifft. Die Casino Spiele werden im Internet jedoch auf das Auszahlungsniveau landbasierter Angebote herangeführt. Die EGBA vertritt ganz klar den Standpunkt, dass eine Umsatzsteuer auf Glücksspiele ineffizient und wettbewerbsverzerrend ist, was aus politischer Sicht viele negative unbeabsichtigte Folgen hat. Solche Steuern sind daher aus der Perspektive der verhältnismäßigen Wirksamkeit und aus der Perspektive der zusammenhängenden Gesetzgebung nahezu unvertretbar. Ausgenommen, das erklärte Ziel der Politik ist es, den Kunden von Glücksspielen und dem legitimen Online-Glücksspielsektor vorsätzlich und willkürlichen Schaden zuzufügen.

Die Steuerherausforderung in Deutschland ist nicht ohne. Bei einer Umlegung der Spielbankenabgabe nach Bundesland auf den Online-Markt würden die Angebote von Internet Casinos attraktiver bleiben, die Spieleinsatzsteuer gleicht die Märkte hingegen oberflächlich betrachtet ein wenig aus. Auf der anderen Seite ist es spielend leicht, zum Beispiel in einem Online Casino über VPN zu spielen, welches nicht der deutschen Gesetzgebung unterliegt und lukrative Bonusangebote und eine größere Spielauswahl in Anspruch zu nehmen. Attraktivere Gewinnmöglichkeiten außerhalb Deutschlands gibt es freilich auch im terrestrischen Bereich, nur lassen sich diese nicht mit dem Smartphone per Casino App aufrufen. In Anbetracht des Durcheinanders im Bereich Spielhallen und Spielotheken sowie der Spieleinsatzsteuer und anderen Online-Einschränkungen bleibt Deutschland seiner Linie treu, gleichmäßig über verschiedene Bereiche zu verteilen.

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